Lesung von Alexander Heflik- Der vergessene Münsteraner im Nationaldress

Deutschland wurde 1974 im eigenen Land Fußballweltmeister. Das Tor des Jahres schoss aber ein Münsteraner Bundesligaspieler im Dress von Kickers Offenbach – Erwin Kostedde.
Dieses „Traumtor“, bei dem Kostedde eine Flanke von links mit der Brust annahm, den Ball direkt volley mit links in die Maschen knallte und dem Gladbacher Verteidiger Berti Vogts sowie Borussias Torwart Wolfgang Kleff keine Abwehrchance ließ, stellte am Donnerstagabend Autor Alexander Heflik bei der ersten Lesung in Münster aus seinem Buch „Erwin Kostedde“ heraus.
Auf Einladung des May Ayim Rings Münster las der Sportchef der Westfälischen Nachrichten im Vereinsheim des TuS Saxonia Münster, bei dem der junge Kostedde zum Topspieler reifte.
Kostedde agierte zwei Jahre erfolgreich im Dress des heimischen SC Preußen Münster, bis dieser in aus finanziellen Gründen zum MSV Duisburg abgab. Erwin Kostedde war in der ersten Liga angekommen. Kaum zu glaubende Geschichten, die Alexander Heflik von Erwin Kostedde in unzähligen Treffen in einem Everswinkeler Café vom inzwischen 76-Jähringen aufnahm, hörten die Gäste am Donnerstagabend. Dazu gehörte die „Entführung“ des just zu Alemannia Aachen gewechselten Kostedde nach Belgien, wo er bei Standard Lüttich Torschützenkönig der belgischen Liga wurde. Später gelang dies dem am Laerer Landweg aufgewachsenen Fußballer als Wochenendkicker noch mal in der ersten französischen Liga.
Zwischendurch trug sich der Münsteraner Erwin Kostedde in das Geschichtsbuch des Deutschen Fußballbundes ein, denn er wurde – nur zwei Monate nach seinem Tor des Jahres gegen Mönchengladbach – als erster Schwarzer in die Fußballnationalmannschaft berufen.
„Erwin Kostedde stand sich immer wieder selbst im Weg. Er war als Profi wohl ziemlich beratungsresistent, was ihm nicht zuletzt finanziell geschadet hat. Schon als junger Mann bei der Bundeswehr hier in Münster, schlug Kostedde gern über die Stränge. Hinzu kam sicherlich, dass er es im Nachkriegsmünster als Schwarzer nicht einfach hatte“, berichtete Alexander Heflik aus dem Leben des in Münster fast vergessenen Sportstars vergangener Jahre.
In dem knapp 190 Seiten umfassenden bebilderten Buch „Erwin Kostedde“ hat Alexander Heflik nicht nur die sportlichen Aspekte des heute zurückgezogen im östlichen Münsterland lebenden Kostedde aufgezeichnet, sondern ein Gesamtbild des ersten „Schwarzen Adlers“ gezogen.
Die Tragik des Erwin Kostedde erreicht Anfang der 90er Jahre ihren Tiefpunkt, als der Fußballer wegen eines angeblichen Überfalls in Haft genommen wurde. Trotz des späteren Freispruch vor Gericht belastet diese Geschichte Kostedde bis heute. „Er fühlt sich schuldig, wohl auch, weil er den Freispruch als einen aus der zweiten Klasse empfindet“, analysierte Heflik, der zum Abschluss mit den Zuhörern, darunter Zeitzeugen des fußballerischen Wirkens Kosteddes in Münster, auch über die Frage diskutierte, ob seine Hautfarbe Kosteddes Leben stark beeinträchtigt habe.